Evang.-Luth. St. Johanneskirche Augsburg

Altarraum
Bildrechte St.Johannes

Schaut man vom Perlachturm in die Runde nach den Augsburger Kirchtürmen, dann sind es vor allem Zwiebeltürme, in etwa nach dem Muster, das Elias Holls Vater Hans im Sterntürmle als erstes nördlich der Alpen erstellt hatte. Byzantinisches feiert da fröhliche Urständ und solch fröhliche Zwiebelhauben sind in Augsburg und im Umland die Regel. Ganz anders aber ist der Turm von St. Johannes, der stattlich und wehrhaft im Nordwesten der Stadt aufragt. Er gemahnt an die Westwerke norddeutscher Kirchen. Ein Fremdkörper also im schwäbischen Land? O nein, ein besonderer Akzent! Er ist aus seiner Geschichte zu erklären.

Unsere St. Johannes Kirche ist doch die Kirche, die zur 400-Jahrfeier der "Confessio Augustana" (Augsburger Bekenntnis von 1530) erbaut wurde. Was Wunder, daß sie so trutzig und bekenntnishaft dasteht, ein Wahrzeichen im doch mehr katholisch geprägten Oberhausen, jedoch auch als Baukomplex brüderlich verbunden den beiden Türmen von St. Joseph in schönem Zusammenklang. Schwierig und lang war der Weg zu unserer Johanneskirche, ist doch die Johannesgemeinde mehr als doppelt so alt wie ihre Kirche. Sie besteht schon seit 1877 und ist ein Ableger der Heilig-Kreuz-Gemeinde. Ihre Keimzelle lag im alten Bethaus. Hier wuchs Gemeinde in sorglicher Arbeit der Schwestern, in Betreuung durch Vikare. Dann gab es 1915 einen eigenen Pfarrer. Doch immer noch fehlte das Gotteshaus, denn der Betsaal erwies sich schon bald als zu klein. Der "Protestantische Kirchenbauverein für die Wertachvorstädte Augsburgs" war schon 1893 gegründet durch den rührigen Metzgermeister und Gemeindebevollmächtigten Christoph Mayer.

Widrige Zeitumstände, kirchturmpolitisches Ränkespiel, ließen noch lange keinen Neubau zu. Seit dem Lutherjahr 1883 gab es einen "Verein zur Erbauung einer Konfessionskirche", der 1912 mit dem Kirchenbauverein von St. Johannes vereinigt wurde. So war der Trupp zwar verstärkt, doch erst zur Jubelfeier 1930 konnte der Gedanke einer Kirche für Oberhausen als Confessio-Denkmal verwirklicht werden.

Im Münchner Architekten Oswald Bieber (1876-1955) fand sich der Mann, der in zweijähriger Bauzeit das stattliche Gotteshaus erstellte. Pfarrer Wilhelm Bestelmeyer, in den Jahren 1915-1928 der erste Pfarrer unserer Gemeinde, der sich so eifrig für diesen Bau einsetzte, konnte die Einweihung am Pfingstmontag, den 9. Juni 1930 nicht mehr erleben, die er so mit ganzem Herzen angestrebt hatte. Natürlich hatte der zweite Weltkrieg unsere Kirche auch beschädigt, doch der Baulaib blieb intakt und bei den vielerlei Reparaturen mußten keine Veränderungen vorgenommen werden.

Und nun hat unsere Kirche auch schon ihre Alterserscheinungen aufzuweisen. Sie sind mehr im Äußeren zu erkennen, denn die Renovierung zu ihrem 50. Geburtstag hat sie innen in neuem, im alten Glanz wieder erstehen lassen. Da beherrscht das Fresko der ergreifenden Kreuzigung mit dem beiden üblichen Assistenzfiguren Maria und Johannes von Gottlieb Gottfried Klemm (1872-1955) den Altarraum.

Da trägt ein schlichter ausdrucksstarker Engel die Kanzel. Engel, die Boten, die starken Helden nach Psalm 103,20, sie tragen das Wort, sie tragen es weiter. Immer wieder einmal gibt es Engel als Kanzelträger, vor allem in Barock und Rokoko, selten in der Bildsprache der Neuzeit. Da sind oben in den Ecken des wohltuenden Raumes die Evangelistensymbole, die vier Aspekte Gottes. Da ist das schlichtschöne Taufbecken, all dieses sind Werke des Münchener Professors Joseph Wackerle (1880-1959). Schließlich hängt neuerdings als Gegengewicht zur Kanzel links vom Altarraum ein einfacher Gobelin mit unserem Namensträger Johannes. Wenig Schmuck, wenn wir an die Kirchen der Innenstadt denken. Sicher, doch die Klarheit des Raumes könnte ein Mehr nicht ertragen. Er ist geformt von der Moderne der zwanziger Jahre. Die betonte Einfachheit allen Schmuckes fügt sich ein, hebt den Baugedanken betonend hervor, läßt nie die Idee eines "Kirchenmuseums" aufkommen. 

Wir lieben unsere Johanneskirche so wie sie ist, eine Kirche, die inzwischen Mutter vieler Töchter geworden ist: in Kriegshaber, Gersthofen, am Bärenkeller und am Kobel und weiter draußen im schwäbischen Land. Die Gottesburg in Oberhausen, möge sie noch vielen Geschlechtern als Heimat dienen dürfen!

Pauline Schaffner
Frau Schaffner war engagiertes Gemeindeglied und lebte von 1913. bis 2006.

 

Nachtrag:
Angefangen hat Evangelisch Oberhausen bereits 1877 mit dem Bau des Bethauses in der Branderstraße, dann 1915 mit einer eigenen Pfarrei und 1930 mit der neuen St. Johanneskirche - ein gutes Werk, für das wir Gott danken. Möge Er es auch weiterführen und vollenden!